Wie ihr wisst, finde ich ETFs großartig. Wie wir schon herausgefunden haben, bieten sie uns eine Vielzahl von Möglichkeiten. Doch ETFs bieten nicht nur rein durch die Bank positive Vorteile.
Auch diese sollen erwähnt werden. So stellt sich die Frage, sind Indexfonds für alle Lebenslagen geeignet, oder es gibt es auch Situationen, in denen diese gänzlich ungeeignet ja sogar kontraproduktiv sein können? Deswegen schauen wir uns heute 3 Lebenslagen an, wo es heißt, Finger weg von ETFs!
Nicht alles an einer Geldanlage hat nur positive Seiten. Es spielen immer ein paar Risiken mit, die wir nicht außer Acht lassen dürfen. Dabei geht es mir heute nicht zu sehr um die genauen Risiken eines speziellen ETFs, sondern um die allgemeinen Fallstricke, die uns einfach im Leben erwarten.
Jeder hat doch so seine Pläne und Vorstellungen vom Leben. Familie gründen, beruflich voll durchstarten, das Eigenheim oder auswandern in ein Pazifik Paradies. Jedoch haben alle diese Wünsche eines gemeinsam. Sie kosten Geld. Um genauer zu sein, brauche ich die Summe X zu genau einem von mir gewünschten Zeitpunkt.
Im besten Fall hat meine Geldanlage oder mein ETF zu diesem Zeitpunkt die maximal angestrebte Rendite erreicht. Im besten Fall. Aber wie wir wissen, das Leben hat oftmals ganz eigene Pläne.
Finger weg #1
Die erste Situation wo man die Finger von ETFs lassen sollte ist, wenn die Rücklagen für schlechte Zeiten ständig aufgebraucht sind und in absehbarer Zeit auch noch mehr kurzfristig benötigtes Geld gebraucht wird.
Mir und vielleicht einigen von euch ist es sicherlich schon einmal so gegangen. Genau im denkbar schlechtesten Moment steht eine Autoreparatur an oder der Kühlschrank geht kaputt. Dann heißt es, Geldbedarf jetzt sofort.
Dafür eignet sich der Notgroschen oder die Rücklage für schlechte Zeiten hervorragend. Vorausgesetzt, diese ist vorhanden oder auch gefüllt. Wie hoch dieser Notgroschen sein soll, darüber gibt es verschiedene Theorien. Im Grunde musst du für deine Situation selber entscheiden. Ich persönlich sage als ungefähre Richtlinie, dass eine Rücklage, um 3 Monate sämtliche Fixkosten abzudecken, eine gute Basis ist.
Wenn ich nun fleißig meinen ETF Sparplan jeden Monat mit neuem Geld füttere, aber ebenso jeden Monat darauf hoffe, dass nichts in meiner Küche oder Garage kaputtgeht, sollte ich mir dringend darüber Gedanken machen, ob alles so seine Richtigkeit hat.
Denn was für Gefahren lauern hier nun? Zum einen, dass der finanzielle Schuh so drückt, dass ich dazu geneigt bin, mein ETF Depot aufzulösen. Sämtliche Bemühungen der letzten Monate und Jahre sind dahin und womöglich meine Altersvorsorge in Rauch aufgegangen.
Sollte ich nun mit dem ETF sparen aufhören? Das ist die radikale Lösung und würde ich natürlich nicht als Erstes empfehlen. Viel sinnvoller wäre es, meine Sparrate noch einmal anzusehen und diese gegebenenfalls so lange anzupassen, bis mein Notgroschen auf dem Tagesgeldkonto wieder die von mir gewünschte Höhe erreicht hat. Dies passiert natürlich nicht von heute auf morgen, aber mit der richtigen Planung ist diese in absehbarer Zeit wieder zu erreichen.
Die Sparrate kann ich ganz einfach in meinem Depot anpassen und reduzieren. Aber ich sollte mir eine ganz klare Deadline setzen, ab wann oder bei welcher Summe ich wieder zu meiner alten Sparrate zurückkehren möchte. Denn, auch da spreche ich aus eigener Erfahrung, schleicht sich der Schlendrian ein und man vergisst schlicht, die Sparrate wieder zu erhöhen oder die Motivation dies zu tun schwindet auch von Monat zu Monat. Deswegen ein klares Ziel in den Kalender eintragen, ab wann ich wieder zu meiner alten Sparquote zurückkehren möchte.
Die zweite Lebenssituation ist, wenn ich noch Kredite abzubezahlen habe
Konsumkredite sind schnell einmal aufgenommen. Entweder aus dem puren Bedarf heraus, oder ganz unbedacht, weil man die neuesten technischen Produkte haben möchte oder ähnliches. Doch welche Eigenschaft haben Kredite, außer dass ich sie natürlich zurückbezahlen muss? Ich muss Zinsen bezahlen. In diesem Fall negative Zinsen. Denn diese Art von Zins macht nicht mich vermögender, sondern diejenige Gesellschaft, welche mir den Kredit gewährt hat.
Ich bezahle logischerweise somit mehr zurück, als ich zu Beginn an Geld aufgenommen habe. Wenn ich nun einen ETF Sparplan besitze, ist dies mit dem Kredit in sich unschlüssig. Warum?
Ich versuche mit meinem ETF Sparplan positive Zinsen zu erhalten. Sozusagen mein investiertes Kapital zu vermehren. Was ich nun jedoch vielleicht nicht bedenke ist, dass sich je nach gewährtem Zinssatz meine Erträge quasi mit dem Kredit wieder aufheben.
Aber nun einmal klare Fakten. Seit 1970 konnte der MSCI World, also ein ETF welcher breit gestreut über die ganze Welt in viele verschiedene Branchen investiert, rund 7% Rendite pro Jahr erzielen. Wir haben somit eine positive Rendite erzielt und unser persönliches Kapital vermehrt.
Nun stellen wir einen Konsumkredit gegenüber. Ich rede nicht von einer Baufinanzierung, welche mit aktuell historisch gesehen relativ geringen Zinsen realisierbar ist. Ein Konsumkredit ist meistens im niedrigen vierstelligen Bereich und wird für eine kleine Überbrückung genutzt, oder wie vorhin schon erwähnt dafür, einen neuen PC, einen Fernseher oder eine andere Art von Reparatur zu bezahlen.
Wenn ich nun nicht über eine astreine, annähernd perfekte Bonität verfüge, sind die Wunschzinsen aus der Werbung so nicht realisierbar. Je nach Summe und Laufzeit kann ich bei einem Konsumkredit gut und gerne zwischen 3% und 4% pro Jahr an Zinsen bezahlen. Nach oben hin gibt es hier keine Grenzen.
Wenn ich nun den kleinen Zinssatz von 3% nehme und stelle diesen den langfristig 7% unseres MSCI World gegenüber, bleiben mir effektiv 4% Rendite pro Jahr übrig. Natürlich ohne die Inflation zu berücksichtigen. 4% klingt im ersten Moment nun wirklich nicht schlecht. Aber ich habe das Risiko meines ETFs in Kauf genommen, mehr Rendite zu erzielen, in diesem Fall 7%, schlussendlich habe ich aber nur realistisch gesehen knapp die Hälfte auf der Haben-Seite. Ein ziemlich schlechter Deal.
Der zweite Punkt sind natürlich die monatlichen Raten. Diese schränken mich in meiner Liquidität ein und können durchaus zur Belastung werden. Nicht nur meine alltäglichen Ausgaben leiden darunter, sondern auch mein ETF Sparplan. Zum einen wird mich dieser tendenziell schmerzen, da noch mehr Geld vom Konto abgebucht wird und ich vielleicht nun dazu neige diesen gar nicht mehr zu besparen. Zum anderen könnte ich meinen Sparplan womöglich noch etwas aufstocken, wenn dieser Kredit nicht wäre.
Es wäre hier zumindest ein Lösungsansatz, sich darüber Gedanken zu machen, den Kredit erst vollständig zurückzubezahlen, bevor ich mich wieder voll und ganz auf meinen ETF konzentriere. Betrachte hierbei deine ganz individuelle Situation. Womöglich reicht es schon, den Sparplan etwas zu reduzieren und das eingesparte Geld dafür zu benutzen, die Rückzahlrate zu erhöhen. Wenn der Kredit abbezahlt ist, kann die ganze Situation noch einmal neu bewertet und ausgerichtet werden.
Finger weg #3
Bei der dritten Lebenssituation dreht es sich um all jene, die im Hinterkopf haben, eine eigene Immobilie zu verwirklichen.
Wenn ich dieses Ziel vor Augen habe, dann habe ich ungefähr einen Zeitrahmen vor Augen. Soll sich dieser Traum in 5 Jahren oder doch erst innerhalb der nächsten 10 Jahre erfüllen?
Ein ETF ist erst so richtig ratsam und rentabel, wenn mein Anlagehorizont über 15 Jahre ist. Mehrere Berechnungen und Studien haben immer wieder ergeben, dass in einem 15 Jahre Zeitraum gesehen, die Chance Verluste mit einer Anlage in einen breit gestreuten Aktien ETF zu erleiden, immer geringer werden. Bei so einem Zeitraum ist es fast sogar ausgeschlossen, weniger als sein einbezahltes Kapital wieder herauszubekommen.
Somit muss ich mir selber die Frage stellen, kann ich länger als 15 Jahre warten? Kann ich mir selber versprechen, mein Depot über diesen Zeitraum dem Risiko der Finanzmärkte auszusetzen, ohne dass mich kleinere oder größere Rücksetzer ins Schwitzen bringen und mein Ziel der eigenen Immobilie in Gefahr bringt?
Wer wirklich das Ziel der eigenen Immobilie im Kopf hat, für den sind 15 Jahre Wartezeit wohl ein sehr langer Zeitraum. Noch dazu ich nach diesem Zeitraum auch nicht zu absoluter Sicherheit sagen kann, mit welcher Summe ich nun schlussendlich planen kann.
Wenn ich mich nun um eine geeignete Finanzierung umsehe, ist aus Erfahrung jeder im Vorteil, der über eine gewisse Summe an Eigenkapital verfügt. Je mehr Eigenkapital ich bei der Bank vorweisen kann, desto weniger Geld muss ich auf der einen Seite aufnehmen und desto niedriger wird mein Zinssatz gewährt. Nur wenige Prozentpunkte hinter der Kommastelle weniger, ergeben in der gesamten Laufzeit gesehen eine Ersparnis von mehreren Tausend Euro wieder. Es lohnt sich also doppelt, sich frühzeitig eine Strategie zurechtzulegen, um genügend Eigenkapital aufzubauen.
Wenn ich nun jedoch einen ETF Sparplan zusätzlich bespare, diesen womöglich auf einen wenig breit gestreuten Aktienindex, habe ich zwei Probleme. Dieses Geld fehlt mir beim Aufbau meines Eigenkapitals und zweitens, ich kann nicht zu absoluter Sicherheit sagen, mit wie viel Kapital ich in 5 Jahren oder mehr rechnen kann. Es ist ein riskantes Ratespiel. Also nicht das, was ich in dieser Situation gebrauchen kann.
Hier sollte ich womöglich die Finger von ETFs lassen. Eine Alternative wäre, auf Nummer sicher zu gehen. Auch wenn es kaum bis relativ gesehen keine Zinsen bringt, wäre als Sicherheitspuffer ein Tagesgeldkonto eine gute Überlegung. Hier ist mein Geld bis zur Höhe der Bankeneinlage sicher und täglich verfügbar. Vielleicht nutze ich noch parallel sichere Staatsanleihen in Form eines ETFs. Hierbei kommt es auf die eigene Risikotoleranz an. Wenn ich mich noch in der Situation sicher fühle, kann ich 20% bis 30% meines Kapitals in einen breit gestreuten ETF wie den MSCI World investieren.
Nicht in jeder Situation ist ein ETF oder ein Sparplan darauf geeignet. Jede Lebenssituation ist ganz individuell anzusehen. Wichtig ist immer nur, dass du dir in irgendeiner Weise Werte aufbaust. So wie mit der genannten Immobilie oder anderen Sparmöglichkeiten.
Disclaimer Die von mir in diesem Text getätigten Aussagen spiegeln ganz alleine meine Meinung wider. Es ist keine Aufforderung, die in diesem Text beschriebenen Tipps und Vorschläge auch so für dich in die Tat umzusetzen. Beachte, dass Anlagen in Aktien, ETF und Derivate riskant sind und im schlimmsten Fall zum Totalverlust führen können. Auch ich kann keine Prognose über zukünftige Verläufe treffen. Die von mir verfassten Texte und Aussagen dienen rein der Information und Weiterbildung. Links, welche mit einem* gegenzeichnet sind, sind sogenannte Affiliatelinks. Wenn du über diese Links ein Produkt oder eine Dienstleistung in Anspruch nimmst, erhalte ich eine Vergütung. Für dich bedeutet dies keine Mehrkosten. Ich empfehle zudem nur Produkte, von denen ich selber überzeugt bin und diese auch persönlich nutze.